Die Pfarrkirche St. Gangolf
Geweiht wurde die Kirche 1753 durch Erzbischof Karl von Ostein. Der damalige Oberamtmann wollte eine Kirche haben, die der "Abteikirche" an Grösse und Ausstattung keine Konkurrenz machte, die aber "etwas Besonderes, nicht allzu kostbar, hell und gemächlich sein sollte. So entstand eine Hallenkirche mit Haupt- und zwei gleichhohen Seitenschiffen. Die Innenarchitektur hat gegenüber oberbayerischen Barockbauten eine gezügelte, frei empfundene Gliederung.
mehr... Die katholische Pfarrkirche St. Gangolf: Amorbach besitzt mit der Abteikirche und nach ihr mit der Pfarrkirche St. Gangolf die zwei bedeutendsten Barockkirchen des westlichen Unterfrankens. Als der Neubau der Abteikirche der Vollendung entgegenging und ein prachtvoller Bau zu werden versprach, erschien dem Oberamtmann Franz Wolfgang Damian von Ostein die bisherige Pfarrkirche (ein kleiner, nur kapellengroßer Bau an gleicher Stelle; Weihe 1182 bezeugt) als allzu schlicht, sodass er im Einvernehmen mit seinem Bruder, dem Erzbischof Johann Friedrich Karl, sich zu einem Neubau entschloss. 1746 begann er, Planungsentwürfe in Auftrag zu geben. Ausgeführt wurden schließlich Ideen des Mainzer Oberbaudirektors Anselm Franz Ritter zu Groenesteyn, die der Ingenieurfähnrich Alexander Jakob Schmitt unter dem Einfluss des Mainzer Architekten Johann Valentin Anton Thomann zu Plänen verarbeitete. Im Frühjahr 1751 wurde mit dem Fundamentgraben begonnen. Im August, als der größte Teil des Chorfundaments aufgeführt war, wurde die alte Kirche abgebrochen und 1752 und im Frühjahr 1753 wurde der Rohbau aufgeführt und das Dach aufgesetzt. Oberamtmann von Ostein wollte eine Kirche haben, die der Abteikirche an Größe und Ausstattung keine Konkurrenz machte, die aber "was besonderes, nicht allzu kostbar, hell und gemächlich" sein sollte. So entstand eine Hallenkirche mit Haupt- und zwei gleichhohen Seitenschiffen, mit weit das Licht einlassenden Fenstern, das Äußere mit seinen akkurat bearbeiteten roten Sandsteinquadern durch Doppelpilaster harmonisch gegliedert, der halbrunde Chor flankiert von den hervorragend sich einfügenden dreigeschossigen Türmen mit ihren geschweiften Hauben und geschlossenen Abschlusslaternen. Die Innenarchitektur hat gegenüber oberbayerischen Barockbauten eine gezügelte, fein empfundene Gliederung, die schon fast klassizistische Anklänge hat. Sofort nach Vollendung von Rohbau und Dach begann der aus der Nähe von Ottobeuern stammende, bedeutende Freskenmaler Johannes Zick, unterstützt von seinem Sohn Januarius, die Ausmalung der Kirchendecke. Bei der Gestaltung der Decke zeigt insbesondere der fehlende Stuck die Befolgung des Ostein'schen Auftrags "nicht allzu kostbar", denn hier ist teurer echter Stuck ersetzt durch Illusionsmalerei des Freskanten. Die Fresken Zicks in Chor und Hauptschiff sind den Kirchenpatronen gewidmet. Im Chor St. Gangolfs Leben und Sterben mit dem Gottesgericht über die untreue Ehefrau, dem schließlich tödlichen Anschlag des Nebenbuhlers auf Gangolfs Leben und in der Mitte: Gangolf empfängt auf dem Sterbebett die hl. Kommunion und stirbt gottergeben. Das große Deckengemälde im Schiff zeigt die Passion des 2. Kirchenpatrons St. Sebastian: Vorne: Sebastian schwört vor dem Christenverfolger Kaiser Diokletian Christus die Treue. Unter Sebastian die Signatur des Künstlers: "Joann Zick inv. (enit) et pinxit 1753". Daneben wird Sebastian von Pfeilschützen schwer verwundet. Gegenüber die Bergung des Schwerverletzten. Hinten schließlich erneutes Bekenntnis Sebastians zu Christus und Verurteilung durch Diokletian zum Erschlagen mit Keulen. Von den kleinen Gemälden in den Seitenschiffen sind die ersten drei jeweils den Namenspatronen der Ostein-Brüder gewidmet: Karl Borromäus, Franziskus und Friedrich, sowie Johannes d.T., Damian und Wolfgang. Die hinteren Bilder zeigen die Mainzer Diözesanheiligen Martin und Willigis. Über der Orgelempore sind die hl. Cäciha und musizierende Engel dargestellt. Die Bilder in den beiden Turmoratorien zeigen David im Gebet vor der Bundeslade und wie David Salomo den Tempelbauplan übergibt. Diese Bilder sind ebenfalls Anspielungen auf die Ostein-Brüder, zumal der Tempelplan in Wirklichkeit den Grundriss von St. Gangolf zeigt. Sie dürften von Januarius Zick gemalt sein. Die Fresken sind hervorragende Arbeiten Zicks; W. Hotz stellt sie sogar über M. Günthers Fresken in der Abteikirche. Geweiht wurde die Kirche am 4. November 1753 durch Erzbischof Friedrich Karl von Ostein. Auch in diesem Fall wurde die Kirchenausstattung erst nach der Weihe vollendet. So der Hochaltar aus Marmor und Stuckmarmor von Georg Schranz, der im Aufsatz das Wappen des Erzbischofs Friedrich Karl von Ostein zeigt. Die 4 großen Figuren und die den Aufsatz begleitenden Engel werden meist Josef Keilwerth zugeschrieben, dürften jedoch eher von Antonio Bossi sein: Innen rechts St. Gangolf, links Sebastian, außen rechts St. Martin (mit Gans), außen links angeblich St.Kilian (jedoch wohl eher St. Bonifatius). Das Hochaltargemälde, Maria Himmelfahrt darstellend, 1660 für die Abteikirche geschaffen, kam erst 1968 hierher; vorher war an gleicher Stelle das Kruzifix von Bonaventura Berg von 1808, das jetzt an der Rückwand der Kirche angebracht ist. 1756 wurden die beiden Stuckmarmorkanzeln vollendet (zwei Kanzeln aus Symmetriegründen; zur Nutzung war immer nur die "Evangeliumskanzel" vorgesehen), Meisterwerke von Antonio Bossi, von denen die rechte als Kanzel des Alten, die linke als Kanzel des Neuen Testaments gekennzeichnet ist. Die beiden Seitenaltäre stammen aus der Vorgängerkirche. Der linke birgt das ehemalige Gnadenbild der Abteikirche, eine gotische, thronende Madonna mit Kind, das der Fürst zu Leiningen nach seiner Übernahme der Abtei ebenso der kath. Pfarrkirche überwies wie die Beichtstühle der Abteikirche. Die vorderen und hinteren sind reiche Rokokoarbeiten, die mittleren frühklassizistische Arbeiten. 1805 wurde die ehemalige Hauptorgel der aufgelösten Abtei Neustadt am Main käuflich erworben und hier aufgestellt. Sie ist ein Werk des Würzburger Domorgelbauers Johann Hoffmann von 1717 mit 21 Registern und ca. 1300 Pfeifen. An der Rückfassade wurden 1899-1905 die Kolossalfiguren von St. Kilian (rechts) und St. Amor (links) aufgestellt, sowie im Giebelfeld eine Kreuzigungsgruppe, Arbeiten von Josef Metzger. Seit der Bauzeit bekrönt die Rückfassade das Wappen des Kurfürsten Friedrich Karl von Ostein, geschaffen von Andreas Sommer aus Künzelsau.
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