Die Kapelle in Amorsbrunn
Sie ist umgeben von Legenden und Überlieferungen. Hier sollen im 8. Jahrhundert iro-schottische Wandermönche den Odenwald christianisiert haben. Spätestens im 12. Jahrhundert entstand hier ein romanisches Kirchlein. Im Innenraum befindet sich eine gefasste Quelle, und diesem Quellwasser wurde zu allen Zeiten Heilkraft nachgesagt.
mehr... Amorsbrunn: Der Überlieferung nach sei Amorsbrunn eine römische oder germanische Quellenkultstätte gewesen, die 734 vom hl. Amor verchristlicht worden sei. Hier lägen angeblich die Anfänge der Abtei Amorbach. Diese Überlieferungen sind zum größeren Teil widerlegt, zum anderen Teil gibt es dafür keinerlei wirklich alte Belege. 714 gründete der Heilige Pirmin die erste Niederlassung und baute eine Kapelle, die "Marienbrunn" hieß. Das spätere Kloster nannte man "Marienmünster". Den Namen der Kapelle hat diese dann zu Ehren des Abtes Amor" erhalten und wurde vortan mit dem Namen "Amorsbrunn" bekannt. Insbesondere die Überlieferungen über das Wirken eines hl. Amor an diesem Ort sind rein legendär und hängen mit einer Änderung der Ortsnamensschreibweise von Amorbach, bzw. Amorsbrunn zusammen. Die ursprüngliche Schreibweise war "Amarbach", bzw. "Ammerbach" (Ammer = Sumpf, Gewässer). Durch Lautumwandlung entstand um 1200 daraus Amorbach. Hinzu kommt, dass in der l. Hälfte des 11. Jahrhunderts der Amorbacher Mönch Theoderich von Fleury nach einer Gichtheilung Amorbach als "rivus amoris" bezeichnet; damit will er sagen, dass er hier bei seiner Heilung die Liebe Gottes erfahren habe. Dementsprechend bekam Amorsbrunn den Namen "Sancti amoris fons" (Man beachte die Kleinschreibung von "amor"; es ist also nicht ein hl. Amor, sondern "übersetzt" die göttliche Liebe gemeint.) Eigentliche Kirchenpatronin in Amorsbrunn war und ist die Gottesmutter Maria. Seit etwa 1443 weilte in der Abtei Amorbach für mehrere Jahre der in Rothenburg o.T. geborene Weltpriester Johannes Keck. Er erklärte erstmals Amorbach zur Gründung eines hl. Amor, der nach dem Martyrologium in Münsterbilsen bei Maastricht in Holland begraben ist. Um diese seine Deutung zu festigen, verschaffte sich Keck Empfehlungsschreiben des Abtes an die Äbtissin von Münsterbilsen und reiste 1443/1444 in Begleitung eines Bauern Gerlach aus Neudorf dorthin. Sie brachten eine Anzahl von Reliquien des Heiligen, sowie genaue Beschreibungen, bzw. eine Zeichnung, wie St. Amor dort dargestellt ist, zurück. 1446 wurde eine entsprechende Statue des Heiligen gefertigt, die heute noch im Chor links steht. Die Reliquien wurden in einem ebenfalls heute noch sichtbaren, mit einer Eisentür verschlossenen Schrein geborgen. Damals waren auch Reliquien einer ebenfalls in Münsterbilsen verehrten hl. Landrada gebracht worden. An sie erinnert noch ein Steinblock am Eingang mit dem sogen. "Landradakreuz". (Im Übrigen ist ihr Kult bei uns nicht heimisch geworden.) Die ältesten erhaltenen Bauteile der über einer Quelle, die 4 Liter pro Sekunde schüttet, errichteten Kapelle stammen aus dem 12. Jahrhundert. Infolge der erwähnten Reliquienübertragung und vermehrt verbreiteter Berichte über Heilungen durch das Quellwasser wurde die Kapelle um 1500 für den Zustrom von Einzelwallfahrern und Wallfahrergruppen zu klein, sodass nach 1500 die Kirche erweitert wurde. Sie erhielt insbesondere den gewölbten Chor. Zahlreiche Steinmetzzeichen am Chorbogen sind erhalten. Zu beachten sind die figürlich gestalteten Konsolen der Gewölberippen sowie der Schlussstein. Eine Inschrift 1521 am Gewände des Portals erinnert an den Abschluss der Umbau-und Erweiterungsmaßnahmen. Für den neuen Chor wurde auch das wertvollste Stück der Kapelle geschaffen: der farbig gefasste und vergoldete spätgotische Flügelaltar mit der Darstellung der "Wurzel Jesse". Das Prophetenwort vom "Spross aus der Wurzel Jesse", der Frucht bringen wird, wird hier wörtlich genommen. In der Predella liegt der schlafende Jesse (oder "Isai", der Vater König Davids). Aus seinem Leib wächst ein Baum heraus, der im Mittelschrein den Stammbaum Jesu darstellt: Rechts und links insgesamt 12 alttestamentliche Könige; als herrlichste Blüte dieses Stammes aber die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind. In den Flügeln stehen Statuen der Eltern Mariens: Joachim und Anna. Alle Felder sind mit Heckenrosenornamenten umrahmt. Der Schrein ist vielleicht angeregt von dem um 1503 geschaffenen Schöllenbachcr Altar gleichen Themas (jetzt im Schloss Erbach) und nach W. Hotz in einer Werkstatt entstanden, die auch an den Flügeln des Hochaltars in der Stadtpfarrkirche zu Wimpfen beteiligt ist. Bis ins 17. Jahrhundert hinein wurden dem Amorsbrunner Wasser die verschiedensten Heilwirkungen und Wunderheilungen nachgerühmt, wie gut aus dem zweisprachig in Latein und Deutsch 1652 von P. Kolumban Mohr verfassten Spruch an der Emporenbrüstung zu erkennen ist. Doch bald darauf wurde das Wasser zum "Spezialmittel" gegen Kinderlosigkeit. Hinweis darauf ist wohl die Stiftung der Seitenaltäre: der linke dem hl. Amor geweiht, der rechte an die Geburt Jesu erinnernd, beides Stiftungen bedeutender Adelsfamilien aus dem Umkreis der in Amorbach damals ansässigen Freiherrn von Ostein und der mit ihnen verschwägerten Grafen von Schönborn. Reichsvizekanzler Friedrich Karl v. Schönborn veranlasste 1726 Kaiserin Elisabeth zur Stiftung von 1500 Gulden, von deren Zinsen jährlich Gottesdienste in Amorsbrunn gehalten werden sollten. Die Auszahlung der Zinsen unterblieb aber und die Messen wurden nicht gehalten, bis Kaiserin Maria Theresia 1769 das Kapital um 400 Gulden erhöhte und für Auszahlung der Zinsen sorgte. In dem Umstand, dass Elisabeth keinen männlichen Erben gebar, Maria Theresia aber mit 16 Kindern gesegnet wurde, sah man die Wirksamkeit von Amorsbrunn. Die "Kaisermessen" in Amorsbrunn wurden bis zum Ende der Monarchie (1918) gehalten. 1735 (1655 ist ein Lesefehler) stiftete der Würzburger Stadtrat Planer und seine Ehefrau die vergoldete Statue des hl. Amor (ungeschichtliche Darstellung als l. Amorbacher Abt) an der linken Seitenwand "zum Dank für glückliche erhaltene Leibesfrucht". Erwähnt sei in diesem Zusammenhang der Volks(-aber)glaube, dass die Kinder bei uns nicht der Storch bringt, sondern dass sie vom "Ammefräle" aus dem Amorsbrunn geholt werden. Nun der Blick nach außen: Links von der Kapelle ist eine Freikanzel mit gotischem Blendmaßwerk aus dem Jahr 1576 zu sehen, die früher bei großem Wallfahrerzustrom gebraucht wurde und daneben eine barocke Mariensäule von 1720. Beachtenswert auch der Sieben-Schmerzen-Mariens-Stationsweg. Seit 1535 gibt es an der äußeren Chorwand ein großes Christopherusbild (mehrfach neu gemalt). 1565 wurde rechts von der Kapelle ein Heilbad angelegt, das bis ins 18. Jahrhundert überdacht war, in das das Wasser unter der Kapelle abfließt. In der Nähe der Treppe sind mehrmals 5 Näpfchen in den Sandstein eingetieft nach dem Muster einer 5 auf einem Würfel. Wer in diese Näpfchen Wasser schöpft, dann die Finger hineintaucht und über die Augen streicht, dem soll gegen Augenleiden geholfen werden. Von 1273 bis 1792 betreuten Eremiten den Amorsbrunn, deren Eremitage an der Stelle des jetzigen Hauses stand. Für sie, aber auch für in Amorbach gestorbene Fremde gab es einen eigenen Friedhof, dessen Umfassungsmauern heute einen Garten umgeben.
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